Die PASTORAL AM PULS versteht sich als ein Projekt im Prozess. In den 15 Jahren ihrer Entstehung und Entwicklung zeigte sich immer wieder: Überraschende Erfahrungen und Einsichten und neue Formen lassen deutlicher werden, wie wir besser persönliche Lebens- und Glaubenswege und solche Wege in Gruppen, Gemeinden und Gemeinschaften verstehen können. Weitere und neue Erfahrungen sowie weiterführende Reflexionen sind herzlich willkommen.
Für Menschen, die die Hand am Puls der Zeit haben, ist es seit vielen Jahren offensichtlich, dass der gesellschaftliche und kirchliche Umbruch tiefgreifende Folgen sowohl für die Sozialgestalt der Kirche als auch für den konkreten Gottesglauben hat. Im Blick auf die soziale Gestalt der Kirche bekommen wir den Umbruch in der Veränderung und Auflösung kirchlicher Strukturen schmerzlich zu spüren. Die PASTORAL AM PULS versucht, diese Entwicklungen aus dem Glauben als Zeichen der Zeit zu verstehen, zu interpretieren und praktische Konsequenzen zu ziehen.
Dabei spielt die Überzeugung, dass Gott in der Geschichte der Menschen, der Kirche und jedes Einzelnen handelt, eine grundlegende Bedeutung. Handeln Gottes kann aber nicht wie mit einer mathematischen Formel gleichsam errechnet werden. Keine Methode, keine noch so ausgeklügelte Didaktik oder pastorale Strategie kann Gott einfangen oder sein Handeln festmachen. Es ist und bleibt ein Mysterium, ein „Geheimnis“, das unser persönliches Bekenntnis fordert.
Erfahrungen eines Mehrwertes an Leben, einer tieferen und hintergründigeren Schau von Ereignissen, die für das Geheimnis des Handelns Gottes öffnen, zeigen bereits die biblischen Schriften. Auf dem Osterweg erlebten die Emmausjünger durch das seelsorgliche Handeln Jesu paradigmatisch, wie sie mitten in den Ereignissen, die „in diesen Tagen geschehen sind“ (vgl. Lk 24,18), Gottes Handeln entdecken können. Mitten in Krisen entdeckte die Urgemeinde, wie Gott handelt und neue, unvorhersehbare Wege auftut. Die PASTORAL AM PULS geht bewusst diesen Weg weiter: Gott handelt mit und durch konkrete Menschen und Ereignisse.
Prägend für die PASTORAL AM PULS ist die Vorstellung, dass jede christliche Gemeinde und Gemeinschaft gleichsam die Apostelgeschichte weiterschreibt. Die Großtaten Gottes werden in den kleinen und großen, erfreulichen wie schwierigen Erfahrungen entdeckt. Man darf durchaus den Vergleich wagen: Wie die Schriftrollen der Evangelien, der Briefe und der Apostelgeschichte das Wirken Gottes durch Menschen festhalten, so beinhalten die von Gemeinden und Gemeinschaften oder auch von Einzelnen geschriebenen Schriftrollen Gottes begleitendes Wirken.
Würde man die Schriftrolle allerdings wie eine gute und geeignete Methode ansehen, etwa wie eine etwas ausgedehntere Schreibmeditation über einen längeren Zeitraum, wäre sie missverstanden. Die Schriftrolle ist in vielfacher Hinsicht mehr als eine Methode oder ein didaktischer Trick, um Menschen zum Reden oder Schreiben zu motivieren. Durch sie realisiert sich augenfällig und erlebbar, wie Menschen in ihren Erfahrungen Gottes Spuren entdecken können.
Die seelsorgliche Arbeit mit der PASTORALEN SCHRIFTROLLE zeigt überraschende Wirkungen: Jede und jeder kann sich einbringen. Keine Erfahrung ist zu gering. Jede Erfahrung wird wertgeschätzt, weil als deren geheimnisvolle Innenseite Gottes Handeln vermutet wird. Sie führt weg von einer nur sachorientierten Effekt-Pastoral zu einer Pastoral, die die Herzen der Menschen ergreift.
Seelsorgerinnen und Seelsorger aus der Schönstatt-Bewegung fühlten sich inspiriert durch die oft wiederholte Aussage Josef Kentenichs (1885-1968), des Gründers der Bewegung: Was muss Gott Großes mit der Kirche vorhaben, wenn er sie in einen Wandlungsprozess hineinbegleitet, in dem so vieles zerbricht und untergeht! Im Rahmen einer Gott-des-Lebens-Theologie sprach Kentenich von dem „praktischen Glauben an Gottes Vorsehung“.
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