Pressestelle Bistum Würzburg 08.11.2019

Buch-Tipp

Am Puls der Zeit Gott nachspüren

08.11.2019 | 11:22 Uhr

Neues Buch möchte Struktur- und Reformprozesse geistlich gestalten helfen

Würzburg (POW) Struktur- und Reformprozesse, wie sie derzeit im Bistum Würzburg beim Projekt „Pastoral der Zukunft“ oder bundesweit auch beim „Synodalen Weg“ laufen, möchte das Buch „Pastoral am Puls der Zeit“ in ihrer geistlichen Dimension stärken. Neben dem Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber haben der emeritierte Mainzer Pastoraltheologe Hubertus Brantzen sowie die Priester Kurt Faulhaber und Bernhard J. Schmid daran maßgeblich mitgewirkt.

In 33 Texten erschließt es eine Initiative, die auf die Leitung und Begleitung geistlicher Prozesse ausgerichtet ist. Seit über zehn Jahren haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter südwestdeutscher Diözesen in eine intensive Praxisreflexion investiert. Es wurde ein eigener Ansatz entwickelt, um als Einzelpersonen sowie in Gremien und Gruppen geistliche Prozesse zu gestalten und zu leiten. Bischof Gerber gehört selbst zu den Initiatoren der „Pastoral am Puls“, die sich mit der Frage auseinandersetzen: Was hat Gott mit einer Kirche vor, die von tiefgreifenden Veränderungen und Krisen geprägt wird, in der es zugleich aber auch erstaunliche Neuaufbrüche gibt?

„Eine gute Antwort, ein guter Weg wächst aus den Erfahrungen der Gläubigen an der Basis. Dies sind nämlich nicht zuerst Empfänger von Empfehlungen oder Vorgaben, sondern die eigentlichen Akteure, die sich vor Ort am besten auskennen und neue Wege gehen. Von dort her wächst das Gesamtbild von Kirche zusammen“, betonen die Herausgeber in ihrem Vorwort. Deswegen war für die vier Herausgeber die positive Resonanz in einer Reihe von Pfarreien und Pastoralverbünden eine Aufforderung, bisherige Erfahrungen im nun vorliegenden Praxisbuch darzustellen und wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Als notwendig für kirchliche Reform- und Entwicklungsprozesse haben die Herausgeber eine Haltung erkannt und ausdifferenziert, die bereits Pallottinerpater Josef Kentenich, Gründer der internationalen Schönstattbewegung, treffend auf den Punkt gebracht hat: „Das Ohr am Herzen Gottes und die Hand am Puls der Zeit.“ „Die entscheidende Frage ist: Glaube ich daran? Glaube ich, dass Gott wirklich in meinem Leben handelt? Ich muss nur täglich die Spuren seiner Gegenwart suchen“, betont Brantzen.

Das sei kein naiver Vorgang. Vielmehr gehe es um einen reflektierten hermeneutischen Zugang, wie er etwa auch beim Philosophen Hans-Georg Gadamer und dessen Umgang mit historischen Texten zu finden sei, betont Faulhaber, der die wissenschaftliche Reflexion in mehreren Beiträgen zusammengefasst hat: „Ich kann nicht aus Distanz verstehen. Ausgangspunkt ist zunächst meine eigene gegenwärtige Situation. Entscheidend für das Verstehen ist allerdings, die Grenzen des eigenen Horizonts zu weiten, indem eigene Wahrnehmungen mit historischen und existentiellen Erfahrungen anderer sozusagen verschmelzen, wie dies für Gadamers Theorie der Horizontverschmelzung wesentlich ist.“

„Diese Schule der Wahrnehmung und des geistlichen Austausches ist nicht am grünen Tisch entstanden, sondern aus der Dynamik einer Gruppe und des gelebten Lebens. Wir haben festgestellt, dass unser Austausch eine ungeahnte Tiefe bekommen hat, nach der wir uns in den praktischen Prozessen der Kirchenentwicklung immer gesehnt haben“, erklärt Bischof Gerber. Paulus und Barnabas hätten in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts in Jerusalem davon erzählt, was Gott zusammen mit ihnen auf ihren Missionsreisen getan hat.

Pfarrer Schmid, der in Eislingen bei Stuttgart für mehrere Gemeinden verantwortlich ist, hat mehrjährige Praxiserfahrung mit dem gemeinsamen Aufzeichnen des Erlebten auf der „Pastoralen Schriftrolle“. „Immer zu Sitzungsbeginn notieren wir Erfahrungen, die in uns eine Resonanz ausgelöst haben.“ Dabei gehe es nicht um eine sachliche Gemeindechronik. „Es ist das Subjektive, Erlebnis- und Erfahrungshafte gefragt. Darin lesen wir dann auch, was Gott mit uns vorhat!“ Eine Wirkung dieses geistlichen Prozesses war, dass zwei bislang eigenständige Pfarreien heute fusioniert sind. „Durch unsere kleinen Geschichten, Ereignisse und Erlebnisse führt Gott uns zusammen! Da war der kirchenrechtliche Akt zuletzt nur noch die Besiegelung eines Vorgangs, den wir im gelebten Leben bereits vollzogen hatten“, erläutert Schmid rückblickend.

Michael Gerber, Hubertus Brantzen, Kurt Faulhaber, Bernhard J. Schmid (Hg.): Pastoral am Puls. Glaubenswege gehen – geistliche Prozesse leiten. Freiburg, Verlag Herder, 2019, gebunden, 192 Seiten, 20 Euro, ISBN: 978-3-451-38558-2.
(4619/1204; E-Mail voraus)
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