Bonifatius und die globale Welt heute
Seit März diesen Jahres bin ich nun Bischof in der Stadt des Heiligen Bonifatius. In den letzten Monaten ist dieser Heilige, der in einer völlig anderen Zeit gelebt hat, mir sehr nahe gekommen.
Mit heutigen Beschreibungen kann man sagen: ein wahrhaft europäischer Heiliger. Unermüdlich war er in unterschiedlichen Gegenden Europas aktiv, ob in seiner Heimat Britannien, ob in Frankenreich, im heutigen Deutschland, in Italien oder im heutigen Holland. Selbstverständlich knüpfte er ein Beziehungsnetz zwischen Europäern damals. Seine heute noch erhaltenen zahlreichen Briefe belegen dies.
Im Zeitalter des Brexit hat dieser Brite nicht nur für seine Landsleute, sondern für uns alle eine wichtige Botschaft: „Zieht Euch nicht zurück auf die Insel – ob im wörtlichen oder im übertragenen Sinne! Wagt Euch vielmehr – trotz aller Unübersichtlichkeit – hinaus auf die offene See.“
Bonifatius hat bisweilen Schiffbruch erlitten – wie sein großes Vorbild, der heilige Paulus, einst vor Malta Schiffbruch erlitten hatte. Aber beide hatten keine Angst vor dem Schiffbruch. Ihr Streben ging nicht dahin, maximale Sicherheit zu erreichen. Es war von der Erfahrung geprägt, dass gerade im Schiffbruch der Herr neue Perspektiven zeigt, die so zuvor nicht erkennbar waren.
In diesem Sinne wünsche ich uns gute Fahrt in stürmischer See und die Erkenntnis: Wir sitzen in einer globalisierten Welt letztlich immer im gleichen Boot.
Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda
Plastik am Sockel der Bonifatius-Statue in Fulda – Foto: © wikimedia commons