Gott in allem (1) – Schritt 4
Auch in der säkularen Welt wirkt Gottes Geist.(2) Er weht, wo er will. Er zeigt sich im Denken und Handeln beeindruckender Menschen, ohne dass sich diese ihrer Gottesnähe bewusst sind.(3) Der Glaubende macht dieselben Erfahrungen und begegnet darin Gott. Nicht selten muss er staunend wahrnehmen, dass Gott mächtiger wirkt in Menschen, die ihn nicht erkennen.
- Für sie ist die materielle und lebendige Welt nicht primär vorhanden zum Gebrauch und Verbrauch für den Menschen; alle Geschöpfe sind gegeben, einander gegeben, dem Menschen anvertraut.
Als Glaubende erfahren wir darin Gott, den Geber von allem. Denn „jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne“ (Jak 1,17). Ja, Gott gibt sich selbst in seinen Geschöpfen. (4) - Für sie ist die Welt ein einziger Organismus. Alle Geschöpfe wirken aufeinander ein.
Als Glaubenden zeigt sich uns darin Gottes Handeln, der bewirkt, dass ein jedes auf seine Art wirkt und am Ganzen mitwirkt. Er wirkt in allen und allem (1 Kor 15,28). (5) - Sie leben achtsam und fühlen sich deshalb von vielem angesprochen. Was ihnen begegnet, hat ihnen etwas zu sagen.
Wer sich mit Gottes Stimme in der Offenbarung vertraut macht, lernt ihn zu hören und zu verstehen in der Sprache der Geschöpfe. - Sie haben sich versöhnt mit den Realitäten der Welt und ihres Lebens. Sie nehmen die Wirklichkeit an, wie sie ist. Vertrauend – hoffend – mitfühlend – kämpfend.
Als Glaubende sehen wir darin ein unbewusstes Ja zu Gott. (6) - Ihnen allen gilt das Wort Gottes: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ (Mk 12,34) (7) Als Glaubende fühlen wir uns ihnen verbunden.
zu 1 – biblische Zeugnisse
„Von Gottes Herrlichkeit, die “die ganze Erde erfüll” (Jes 6,3), handelt die Hl. Schrift an vielen Stellen:
- “Bin nicht ich es, der Himmel und Erde erfüllt? – Spruch des Herrn” (Jer 23,24)
- Seine Weisheit “durchwaltet voll Güte das All”, sein “Geist … erfüllt den Erdkreis” (Weish 8,1; 1,7).
- Im Blick auf die Allgegenwart Gottes heißt es in der Apostelgeschichte schlicht: “Er ist doch keinem von uns fern. Denn in ihm leben wir, in ihm bewegen wir uns, in ihm sind wir.” (Apg 16,28)
- In seinem Geist ist Gott selbst in der Welt gegenwärtig; nicht insofern er dem Volk und dem Einzelnen gegenübertritt, sondern insofern er in ihm ist und von innen zu geistvollem Leben und Handeln begeistert. So sind für Gottes Geist der Reichtum des Lebens und der Innerlichkeit sowie das Machtvoll-Charismatische und das Lebensspendende charakteristisch.
- “Im Neuen Testament ist der Heilige Geist niemand anderer als Gott selbst! Gott selbst, sofern er der Welt und dem Menschen nahe ist, ja, innerlich wird als die ergreifende, aber nicht greifbare Macht, als die lebenschaffende, aber auch richtende Kraft, als die schenkende aber nicht verfügbare Gnade.”(Böttigheimer S. 140f. 214; H. Küng, Der Anfang aller Dinge S. 176)
- Kessler: „Gott wirkt anders und in allem. Die ganze Bibel lebt von der Erfahrung und Überzeugung, dass Gott in allem, im Großen des Weltgeschehens wie im unscheinbar Kleinsten, am Werk ist und dass er in der Geschichte da und dort besonders “spricht” und “handelt”.“ (S. 288)
zu 2 – Gottes Schöpfermacht
Peter Sitte (1929 -2015), Zellbiologe:
„Überall spüre ich in der mich umgebenden Natur Gottes unendliche Schöpferkraft, die auch in der biologischen Evolution so viel Wunderbares geschaffen hat und weiter schafft, die mir erlaubt, daran teilzuhaben, mich mitzufreuen, jenseits meines Horizontes nicht ein schwarzes Loch, sondern einen leuchtenden Himmel zu sehen. Für mich bleibt, unberührt von der Evolutionstheorie, die ich für eine der großartigsten Einsichten der Wissenschaft halte, das gültig, was Paul Claudel einmal gesagt hat: ‘Gott – Ursprung, in dem alles beginnt; Ziel, in das alles mündet; Gegenwart, die alles trägt.’“ (Schöpfung oder Evolution. In: Böttigheimer S. 146)
zu 3: Gottes Geist wirkt unbemerkt
Büchner:
„Gott als Geist kann anderem so nahe sein, dass er von diesem gar nicht bemerkt wird, sondern dieser das Wirken des Geistes für sein eignes Tun und seine eigene Fähigkeit hält. Gott als Hl. Geist ist mir, mit Augustinus, innerlicher als ich mir selbst.“ (S. 335)
zu 4: Geber alles Guten
Kessler:
„Glaubende Menschen erfahren die Welt existentiell als Schöpfung, das Wachstum und die Pracht der ‘Lilien auf dem Feld’ und der ‘Vögel des Himmels’ als Walten des Schöpfers. Man könnte, theoretischer gefaßt, von der indirekten Ko-Präsenz Gottes als Schöpfer und Urgrund in allem Weltlichen und bleibend restlos von ihm Abhängigen sprechen (Allgegenwart und Allwirksamkeit) oder, umgekehrt gewendet, von der weltlichen Wirklichkeit als Ort der göttlichen Manifestation und Epiphanie.“
„Gott wirkt also – kreatürlich vermittelt – in allen seinen Geschöpfen. Und zwar ist dieses allgemeine und ständige Schöpferwirken Gottes (creatio continua) so zu denken, daß es überhaupt erst die autonome Eigenaktivität der Naturevolution wie der Freiheitsgeschichte freisetzt.“ (S. 292)
Büchner legt eine neue Deutung des Wirkens Gottes vor mit der Kategorie der Gabe: des Gebens und des Sich-Gebens. Sie schließt sich damit an Klaus Hemmerle (1929 – 1994) an. Dieser hatte die Sicht des Würzburger Philosophen Heinrich Rombach (1923 – 2004) von der Wirklichkeit „als dynamische Struktur“, als „Vernetzung und Prozessualität“ aufgenommen aber interpersonal gedeutet „als Sich-Geben … und versteht Gott als Ursprungsdynamik (und damit zugleich als unendliche ‚Dichte‘ und finale ‚Spitze‘) des Sich-Gebens“ (S. 310f) und das Sich-Geben als tragende Kategorie für die Trinitätslehre; an Josef Wohlmuth (*1938)(Theologie der Gabe); auch an (den jetzigen Bischof von Passau) Stefan Oster („Gabefähigkeit“ als Grundzug der Wirklichkeit); vor allem aber an die Phänomenologie von Jean-Luc Marion (*1946).
„Marion zeigt, dass Wirklichkeit überhaupt nur existiert und erkannt wird, insofern sie sich gibt.“ (S. 32) „Alles, was erscheint, geht aus sich selbst heraus und kommt damit auf andere zu. Mit dieser Offenbarung seiner selbst als Gegebenes löst es etwas beim anderen aus: Erstaunen, Ergriffensein, Befremden, Angst oder Liebe – oder mehreres zugleich.“ (S. 36)
„Schon im Gegebensein der Welt zeigt sich die Dimension des Sich-Gebens. Warum? In den grundlegenden Strukturen der Welt zeigt sich bereits, dass jedes für das andere da ist (Interrelationalität, Vernetzung, Bezogensein aufeinander). Das Ökosystem ebenso wie das soziale Leben der Menschen – alles besteht nur und lebt, indem sich das Einzelne auf anderes abstimmt, sich hinordnet auf das Nächste, für anderes da ist …“ (S. 303) „Das Geheimnis der Gegebenheit erfahren wir ständig, ohne dass wir darauf achten. Es wird uns bewusst in der Erfahrung einer Liebe, für die wir keine hinreichende Begründung geben können, der Erfahrung von Verzeihung angesichts nicht wiedergutzumachender Schuld, der Erfahrung einer spontanen Freude an der Freude des anderen oder auch in der Erfahrung des plötzlichen Staunens über eine Begegnung.“ (S. 305)
Dies hat „theologische Relevanz“: „Wenn jedes in der Wirklichkeit Erscheinende erscheint, indem es sich gibt, jedes Sich-Geben-Können aber bereits sich selbst gegeben ist, d.h. sich nur geben kann aus einem uneinholbaren Sich-Empfangen heraus, dann kann Gottes Geben und darin Sich-Geben als Mitte und Motor dieser Struktur der Phänomenalität gedeutet werden. Es wäre also möglich, das Leben der endlichen Welt zu verstehen als Teilnahme an jener unendlichen Dynamik des Sich-Gebens…“ (S. 380)
„Gottes Schaffen der Schöpfung ist ein Geben, die Schöpfung ist seine Gabe. Indem Gott aber aus seinem Sein und Leben an die Schöpfung gibt, gibt er nicht nur etwas, sondern macht sich selbst zur Gabe … Dass er dies unbedingt tut, hat seinen offenbaren Erweis in Jesus Christus gefunden: in seinem proexistenten Leben, seinem sich selbst hingebenden Sterben und in seiner Auferstehung, die neues Leben verheißt. Der sich-gebende Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat, motiviert auch die christliche Praxis in der Nachfolge Jesu.“ (S. 33f)
Auch Menschsein geschieht in der Weise des Gebens. Wir sind „einander aufgegeben, fordern einander heraus, erfahren ein unmittelbares Gerufensein durch den anderen.“ (S. 91) Unser Füreinanderdasein, vor allem die unbedingte Zuwendung Jesu, sind „Ausdrucksgestalt und kommunikative Realisierung dieser innersten Lebenswirklichkeit Gottes im Leben der Welt.“ (S. 329)
Die Bibel ist das Zeugnis eines Gottes, der in Welt und Geschichte „als absolut sich Gebender präsent und wirkend ist, und zwar mehr oder weniger intensiv erfahrbar, je mehr oder weniger Menschen sich auf ein Einander-Geben einlassen. … Im uns angehenden Gegebensein von allem sowie in den zwischenmenschlichen Situationen ist Gott als mittelbar Wirkender sich gebend und anbietend am Werk …“ (S. 92) Wenn sich in dieser Deutung Gott „selbst dem Einzelnen mitteilt, indem er ihn zum Geben ermächtigt und herausfordert, wird ein Wirken des Schöpfers in Interaktion mit seinen Geschöpfen denkmöglich“ (Klappentext, Rückseite), „ohne die eine oder andere Seite in ihrer Freiheit und Eigenmächtigkeit zu depotenzieren“ (S. 32), da Gott „autonomen Subjekten … Raum gibt für die Entwicklung eigener Identität und Aktivität. Dies ist möglich, wenn Gott selbst als Wirklichkeit personaler Beziehung gedeutet wird, die der Schöpfung gleichermaßen transzendent, immanent und dialogisch-gegenüber ist.“ (S. 35) Er ist „Urgrund, Zentrum und Raum des Sich-Gebens“. (S. 332)
Büchner berücksichtigt durchgängig die Ambivalenz der Wirklichkeit: Mehr als Sich-Geben zeigt sie sich als Sich-Behaupten, Selbstdurchsetzung und Verdrängung des anderen. „Weil Gott den Kosmos in einer Weise gegeben hat, dass in ihm stets verdrängende Kräfte und gebende Kräfte … wirksam sind, besteht Gottes ständiges Werk darin, die Strukturen des Gebens zu stärken.“ (S. 132) „Es liegt in der Logik eines … gebenden und sich-gebenden Wirkens Gottes, dass es häufiger verborgen als offenbar ist. Umso wichtiger ist es, von seiner Präsenz zu sprechen und zu sehen, wo seine Dynamik gegen die Dynamik des weltlichen Verdrängens wirkt.“ (S. 382) „Wenn Gottes Sich-Geben sich in jedem Augenblick neu in dieses (erg. Netz von Beziehungen) hinein und auf allen Ebenen einbringt, kann seine Aktivität doch nur an einigen Stellen hervortreten – da wo das Füreinander die herrschende Bemächtigung und Verdrängung aufweicht und öffnet.“ (S. 383)
Auf nahezu 400 Seiten ihrer Habilitationsschrift verfolgt Büchner die Kategorie der Gabe „in der Pluralität der biblischen Zeugnisse“, „in exemplarischen Interpretationen der christlichen Tradition“ und „im Kontext einer heutigen systematischen Theologie“ (Inhaltsverzeichnis).
Andere, wie Guido Bausenhart, sprechen vom Widerfahrnis: „Die religiöse Dimension der Wirklichkeit geht mir auf und geht mich an in der religiösen Erfahrung. Entscheidend ist zu sehen, dass in all dem mir etwas/jemand entgegenkommt und ich antworte auf ein ansprechend erfahrenes ‚irgendwie geartetes Widerfahrnis’ (Gerhard Ebeling) als ein auslösendes und vermittelndes Moment. Dessen Priorität markiert kein chronologisches Voraus, jedoch ‚ein gewährendes Vorweg‘ (Peter Hünermann): ‚Was ist schon das Ich des Eigensinns, verglichen mit dem Mir der Widerfahrnis? Wir alle hier sind ausgeprägte Dativ-Menschen und leben nach dem Motto: Ich bin, was mir widerfährt.‘ (Botho Strauß) Das Widerfahrnis will eine Antwort.“ (Bausenhart, Begegnung S. 27; Botho Strauß, Die Unbeholfenen. Bewußtseinsnovelle, München 2007, 51. )
Brodsky:
„Man sieht den Himmel und versteht / sich selbst als Gabe – ganz konkret / und ohne Vorbehalt.“ (aus: Joseph Brodsky, Weihnachtsgedichte, München 2004. Zitiert nach: Christ in der Gegenwart Nr. 52 / 2017, S. 574)
zu 5: “Zweitursache”
Kentenich: „dahinter steht ein Geist, der Verantwortung trägt, ein Geist, der auch ständig fragt: Wie hängt das alles zusammen?“ (Rom-Vorträge 1965, siehe Herbert King Bd 3 S. 384) – Hier verbindet sich bei Kentenich der Vorsehungsglaube mit seiner Organismuslehre.
Nach Bernhardt hat bereits Thomas von Aquin in seiner Zweitursachenlehre (mehr dazu s. Schritt 5.5) die Vorstellung eines Wirkens Gottes innerhalb des „bestehenden Seinsverbundes“ der „geschöpflichen Wirkinstanzen“. Er richtet sie „in ihrem Sein so aus, daß sie ihrer spezifischen, arteigenen Potentialität folgen. Er wirkt also durch ihr Wirken nach Art ihres Wirkens, wie es die von Gott gesetzte Seinsordnung vorgibt, indem er ihre Potenz in einem bestimmten Richtungssinn aktualisiert.“ Gott gewährt „in seiner Güte Anteil an seinem Sein und erzeugt damit Entitäten“, die „zu Seinsmitteilungen für anderes Seiendes und so zum Abbild der Kreativität und Güte Gottes“ werden.
„Mit ihrer Unterscheidung zwischen den physischen Sekundärursachen und der metaphysischen causa prima vermag die Zweitursachentheorie die naturwissenschaftliche Wirklichkeitsdeutung anzuerkennen , sie aber durch die theologische Perspektive zu unterfangen. Weiterhin bringt sie das Motiv der Verborgenheit Gottes in Natur und Geschichte zur Geltung und kann damit jene historisierende Sicht des Geschichtshandelns Gottes … korrigieren. Die Tatsache, dass Gott nicht unvermittelt in der Schöpfung wirkt, hat zur Folge, dass sein Wirken nicht unmittelbar aufweisbar sein kann. Es kann immer nur als Sinnmuster eines Geschehens in der Perspektive des Glaubens erfaßt werden.“ (S. 384-386)
„Gott wirkt nicht alles, aber er wirkt in allem, indem er dieses zur Wirksamkeit befähigt.“ (S. 389)
„’Gott wirkt in allem’ und ‘Gott wirkt alles durch…’, nicht aber … ‘Gott wirkt alles’. … Allwirksamkeit muss also deutlich von Alleinwirksamkeit unterschieden werden.“ (S. 395f)
Prozesstheologie
Zur Sicht der Welt als Organismus hat die Prozesstheologie einen wichtigen Beitrag zu leisten. Whitehead „entwickelt in seinem prominenten Werk ‚Process and Reality‘ (1929) die Grundlage eines multilateralen Ineinanders aller Ereignisse dieser Welt.
Seiner Philosophie geht es um die „integrale Interpretation aller Wirklichkeit als eines Zusammenhangs“.
Nach Whitehead „hat alles die Gestalt von „Organismen” und „Umwelten” von Organismen.“
Diese Organismen aller Wirklichkeit befinden sich nicht in statischem Zustand, sondern bewegen sich in Prozessen.
Whiteheads Denken vollzieht sich in der „Metapher vom Prozess, in dem alles die Transformation ineinander vollzieht“e. Der Glaubende macht dieselben Erfahrungen und begegnet darin Gott. Nicht selten muss er staunend wahrnehmen, dass Gott mächtiger wirkt in Menschen, die ihn nicht erkennen. „Das Konkrete steht in Beziehungen, wird aus ihnen und vergeht in ein beziehungsreiches Universum, in dem es mit seinem Vergehen wirkt.“e Alle Prozesse fließen zusammen zu einem einzigen Prozess; es gibt „die universale Verbundenheit aller Prozesse“
Diese Sicht verändert das Verständnis von Gott und seinem Zusammenwirken mit der Schöpfung:
Whitehead und Hartshorn ist „die Vorstellung eines beweglichen Gottes gemeinsam“. Er ist „eine prozessfähige Gottheit, die … namengebend für die Schule der Prozesstheologie sein wird.“
Im Zentrum steht die „Interaktion des dynamischen Gottes mit allen Ereignissen der Welt“, die Vorstellung einer Gottheit, die in permanenter reziproker Interaktion mit ihrer Schöpfung steht.“
„… alle Entitäten … stehen in Wechselwirkung mit dem Handeln Gottes.“
Die Beziehung zwischen Gott und der Schöpfung erscheint dabei als „relationale Wirklichkeit Gottes in allem als Freigabe aller Prozesse in ihre Werde-Identität.“ „Aus prozesstheologischer Sicht bedeutet ‚zu sein‘, eigene Macht zu haben. Jedes Geschöpf ist dadurch Mit-schöpfer und Mit-schöpferin im kontinuierlichen und offenen Schöpfungsprozess.“
Siehe dazu:
Julia Enxing: Anything flows, Das dynamische Gottesbild der Prozesstheologie; in: Herder Korrespondenz 7/2014, S. 366;
Roland Faber, Prozesstheologie S. 179; eR. Faber, a.a. O. S. 180;
Julia Enxing: Anything flows. Das dynamische Gottesbild der Prozesstheologie; in Herder Korrespondenz 7/2014, S. 366 f.
Die Sicht der Prozesstheologie von „Organismus“ und „Prozess“ erinnert unwillkürlich an die Sicht Josef Kentenichs auf die Wirklichkeit (allerdings in anderen Denkkategorien) als einen natürlich-übernatürlichen Bindungsorganismus‘ bei gegenseitiger Wechselwirkung von Natürlichem und Übernatürlichem.
Hierher gehört auch das von ihm sog. „Wachstumsgesetz“: Alles Wachstum geschieht von einer Ganzheit in eine andere Ganzheit.
Auch die für Kentenich zentrale Überzeugung von einem Plan Gottes findet eine Parallele in der Prozesstheologie: „Gott lenkt die Schöpfung, jede einzelne Entität, nach dem göttlichen Plan, der in einer Steigerung der Harmonie in der Schöpfung besteht“ (vgl. Enxing, a.a.O. S. 366)
zu 6
Kentenich machte in seinem Jahrhundert der Weltkriege und mörderischen Diktaturen die Beobachtung, dass mehr als die Bewältigung der leidvollen Gegenwart die Angst vor der ungewissen Zukunft die Menschen belastete. Die innere Freiheit wurde dort gewonnen, wo Menschen, bildlich gesprochen, Gott vertrauensvoll einen Blankoscheck für sein künftiges Handeln ausstellen konnten.
In der Pastoral am Puls ist uns die Frage wichtig: Gott, was hast du mit uns vor?, unsere Bereitschaft, uns einzustellen und umzustellen auf seine Vorhaben und Schritte zu wagen ins Neue und Unbekannte.
zu 7
Romano Guardini:
„Es ist möglich, dass Menschen miteinander reden und handeln, und Schicksale sich begeben, und kein Wort wird von Gott gesprochen, und doch ist alles von ihm voll« (Guardini, Neunter Brief vom Comer See).
Literatur:
Bausenhart, Guido: Von der Begegnung mit Gott: Materialheft GPS. Freiburg 2017
Benedikt XVI.– Ratzinger, Joseph: Jesus von Nazareth, Bd. 1, Freiburg / Basel / Wien 2007
Böttigheimer, Christoph: Wie handelt Gott in der Welt? Reflexionen im Spannungsfeld von Theologie und Naturwissenschaft. Freiburg / Basel / Wien 2013
Büchner, Christine: Wie kann Gott in der Welt wirken? Überlegungen zu einer theologischen Hermeneutik des Sich-Gebens. Freiburg / Basel / Wien 2010
Faber, Roland, Prozesstheologie: Zu ihrer Würdigung und kritischen Erneuerung, Ostfildern 2000
Guardini, Romano: Briefe vom Comer See: Neunter Brief Herbst 1925. Mainz 1927
Kessler, Hans: Sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Würzburg 1995
Küng, Hans, Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion, Munchen 2008
von Stosch, Klaus: Gott – Macht – Geschichte. Versuch einer theodizeesensiblen Rede vom Handeln Gottes in der Welt. Freiburg / Basel / Wien 2006
Strauß, Botho, Die Unbeholfenen. Bewußtseinsnovelle, München 2007
Whitehead, Alfred North, Process and Reality. An Essay in Cosmology, New York 1928 – Prozeß und Realität: Entwurf einer Kosmologie (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) Frankfurt 1987
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