3 Vertiefungstexte – Das Evangelium vom Reich Gottes

 

Das Evangelium vom Reich Gottes – Schritt 3

Nach J. Ratzinger/Papst Benedikt XVI (Jesus von Nazareth, Bd. 1, 85) lässt sich die Essenz der Botschaft Jesu vom Reich Gottes und ihr wechselndes Verstaendnis im Laufe der Jahrhunderte auf den Punkt bringen:

Gott handelt
hier
und heute
mit uns
ganz konkret.

Joseph Ratzinger/Papst Benedikt:

„Jesus verkündet, indem er vom Reich Gottes spricht, ganz einfach Gott, und zwar Gott als den lebendigen Gott, der in der Welt und in der Geschichte konkret zu handeln imstande ist und eben jetzt handelt.“ (Jesus von Nazareth, Erster Teil, S. 85. Herder)

Hans Kessler:

„Im Zentrum der Botschaft und des gesamten Wirkens Jesu von Nazareth steht die nahegekommene >Herrschaft Gottes< (das >Reich Gottes<).“ Es ist „weder ein räumlicher (Reich) noch ein zuständlicher Begriff, sondern ein dynamischer und Aktionsbegriff, der eine Aktivität und Aktion Gottes selbst meint (das König-/Herrwerden oder –sein Gottes).“ (80)
„Zwar hat auch für Jesus die Gottesherrschaft eine futurische Dimension: sie ist eine noch ausstehende Größe…
Viel charakteristischer für Jesus ist aber seine Ansage der nahegekommenen, mehr noch: der präsentisch schon angekommenen und anbrechenden Gottesherrschaft… Gott selbst ist mit seiner Herrscheraktivität nahegekommen und bleibt endgültig nahe…“ (S. 84)
Die „eschatologische Zukunft dringt, das ist die Behauptung Jesu, mit seinem Handeln jetzt schon unmittelbar in die Gegenwart herein, Gottes Herrschaft bricht gegenwärtig an.“ (S.85)
„Jesus behauptet also den realen Einstand der Gottesherrschaft in der Gegenwart. Er proklamiert den aktuellen (nicht nur baldigen) Herrschaftsantritt Gottes durch sein (Jesu) Handeln. Er verkündet Gottes gegenwärtig beginnende Machtübernahme in seiner Schöpfung und reklamiert diese – von lebenszerstörenden Mächten verunstaltete und entzweite – Schöpfung wieder für Gottes Herrschaft und damit für das Heil (Ganzsein).“ (86)
„Die Herrschaft Gottes ist die reine Initiative Gottes, die Zuwendung, das Kommen und die Nähe Gottes selber. Man kann sie nicht mit menschlichen Aktivitäten … herbeiführen, sondern sie nur wie ein Kind als gegebenes Geschenk annehmen“. Es ist „der überraschende und beglückende kostbare ‚Fund‘ (Mt 13,44), den Jesus selbst macht und für den er alles andere lässt , um ihn allen Menschen mitzuteilen.“(87)

Söding zu Apostelgeschichte 13, 40 f. – Des Paulus Aufruf an die Zuhörer:

„Sie sollten … darauf bauen, dass Gott tatsächlich sie, ihren Ort und ihre Zeit, ihre Synagoge und ihren Gottesdienst ausgesucht hat, um sein Heilswerk fortzusetzen.“ (Christ in der Gegenwart Nr. 11 / 2018, S. 123)

Büchner:

“Gottes Wirken in Beziehung ist innerhalb der Endlichkeit und Konkretheit der Welt nur positiv erfahrbar und realisierbar als ein partikuläres und auswählendes. “ (S. 226) „Auch Jesus, als begrenzte geschichtliche Person, konnte sich in seinem Leben nur Einzelnen sich-gebend zuwenden. Aber gerade darin konnte er die Universalität des Sich-Gebens des unendlichen Gottes selbst offenbaren – weil in dem real-symbolischen Akt (Jesu konkreter Hinwendung) eine umfassendere Wirkebene (Gottes universale Zuwendung) antizipiert ist.” (S. 227)

Stosch (im Anschluss an Keith Ward):

Eine unbedingte Würdigung des Menschen in seiner Freiheit und Eigenheit „kann nur Wirklichkeit sein in einer Liebe, die sich einerseits ohne Vor- und Nachbedingungen jedem Menschen schenkt, die aber andererseits diese universale Geltung liebender Gegenwart in bestimmten geschichtlichen Daseinskonstellationen konkret und auf jeweils besondere Weise zur Geltung bringt. Denn eine Liebe, die nur auf allgemeine Weise artikuliert wird und jedem genau das gleiche zuspricht, ist keine wirkliche Liebe. Liebe besteht gerade in der Würdigung der Einzigartigkeit und Besonderheit eines konkreten Menschen. ‚Wenn Gott also wirklich jeden liebt, muss er jeden einzelnen in verschiedener und einzigartiger Weise lieben‘446 und zwar aufgrund eben der Eigenheiten, die den jeweiligen Menschen ausmachen. …
Ein Handeln Gottes scheint mir nur konzipierbar zu sein, wenn dabei Raum für ‚ein persönliches, je einmaliges Eingehen und Reagieren Gottes auf das je einmalige und unwiederholbare Handeln des Menschen in der Geschichte‘450 bleibt.“(Gott – Macht, S. 154f;
446Keith Ward; 450 Hans Christian Schmidbaur; S. 22f)
Gott „sagt sich also jedem Menschen auf die ihm in seiner Individualität treffende Weise zu und beruft ihn in einer seine jeweilige Eigenheit würdigenden Art zu einer besonderen nur von ihm zu erfüllenden Aufgabe.“ (Gott – Macht, S. 167)

 

 


Literatur:

Benedikt XVI.– Ratzinger, Joseph: Jesus von Nazareth, Bd. 1, Freiburg / Basel / Wien 2007
Büchner
, Christine: Wie kann Gott in der Welt wirken? Überlegungen zu einer theologischen Hermeneutik des Sich-Gebens. Freiburg / Basel / Wien 2010
Kessler, Hans: Sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Würzburg 1995
von Stosch, Klaus: Gott – Macht – Geschichte. Versuch einer theodizeesensiblen Rede vom Handeln Gottes in der Welt. Freiburg / Basel / Wien 2006


Foto: pixabay.com

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