Laien in Leitung?!

Gottesdienst in einer KircheBischof Bätzing möchte Thomas Sternberg und Karin Kortmann mitnehmen nach Rom. Die beiden gehören zum Präsidium des Synodalen Weges. Kardinal Stella hat ein Gespräch angeboten über die als „wirklichkeitsfremd“ und „klerikalistisch verengt“ scharf kritisierte Instruktion. Ob die beiden Laien im römischen Zentrum der Kleriker willkommen sind? Will die Instruktion doch Laien von Leitung in der Kirche fernhalten.
Zur umstrittenen Rolle der Laien ein historischer Vergleich:

Das 1. Vatikanische Konzil (1869/70) lehrte – begleitet von heftigen Auseinandersetzungen: Der Papst besitzt alle Vollmacht in Lehre und Recht. Wenn er unfehlbare Entscheidungen trifft, sind die aus sich heraus unabänderlich, nicht aufgrund der Zustimmung der Kirche. Er hat die höchste Rechtsgewalt (den universalen Jurisdiktionsprimat), kann also in jede Diözese hineinregieren. Erst hundert Jahre später änderte das 2. Vatikanischen Konzil die Blickrichtung: Es entfaltete die Theologie und die Rechte der Bischöfe und entwickelte die Synodalität. (Letztere hat sich bis heute nicht wirklich durchgesetzt.)

Gehen wir von da auf eine untere und die heutige Ebene: Wie damals einseitig alle Rechte der Päpste dekretiert wurden, so tut es die Instruktion heute mit den Rechten der Pfarrer. Sie haben allein die Hirtengewalt Christi zur Leitung der Gemeinden. Die Laien werden vor allem unter dem Gesichtspunkt behandelt, was sie nicht dürfen. Jetzt ist auch hier ein Wandel der Blickrichtung vonnöten: Die Entfaltung der Theologie und der sich daraus ergebenden Rechte der Laien. In Taufe und Firmung erhalten sie Anteil an der Hirten-, Priester- und Prophetenvollmacht Christi. Das will entfaltet werden! Und das kann nicht geschehen ohne Beachtung der Zeichen der Zeit. Die erkennt man derzeit überdeutlich im Belarus, in Hongkong: Menschen wollen gehört werden und mitentscheiden, durch wen und wie sie regiert werden. Leitung kann nicht allein von den Leitenden definiert werden.

Das gilt ebenso für die Frage, in welchen Gemeindeformen und Pfarreigrößen Gläubige zusammenleben und Kirche gestalten wollen. Hier bekommen sie eher Rückenwind durch die Instruktion: Über Gemeinden können nicht Bischöfe allein verfügen. Es genügt auch nicht, dass die Gemeinden nur angehört werden. Gemeindebildung gehört zu den Grundrechten der Getauften. Das ist ihnen auch kirchenrechtlich verbürgt. Die Gläubigen haben das Recht, Vereinigungen zu gründen und zu leiten (Canon 215). Nichts stünde im Weg, sich mit anderen Christen zusammen zu tun und eigenständig und selbstverantwortlich gemeinsam sein Christsein zu leben. Und sich mit vielen anderen in der Eucharistie zu sammeln als Ausdruck der Zugehörigkeit zur Kirche vor Ort.

Pater Kentenich hat eine Laienbewegung gegründet. Mit ihr eine Laienspiritualität entwickelt. Als es um Laienrechte ging (die Leitung sollten Laien haben), das aber im Kirchenrecht nicht vorgesehen war, meinte er: Dann muss das Kirchenrecht „umgepflügt“ werden. 1948 wurden solche „Versuchs-Laboratorien“ (ein Wort von Paul VI.), die Säkularinstitute, von Rom ermöglicht.

100 Jahre dauerte es, bis die Allein-Leitung durch den Papst relativiert und ergänzt wurde. 50 Jahre sind verstrichen, seit das II. Vatikanum die Berufung der Laien in Konzilstexten grundlegte. Wie lange müssen wir noch warten?

 


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