Das Frauenamt kommt – welches?

Christus krönt MariaFoto: pixabay.com

6. Gottes Geliebte

Die Suche nach der Herkunft der Hochzeits- und Ehesymbolik führt uns tief hinein in die Geschichte Israels und an einen Krisen- und Wendepunkt seines Gottesverständnisses.

Außer in den drei monotheistischen Religionen verehrten die Völker weibliche wie männliche Gottheiten. Eigentlich liegt das nahe: Wenn die Menschen ihre Ganzheit und Erfüllung im Miteinander von Mann und Frau finden und dies eine Gabe der Gottheit ist, weshalb sollte diese Ganzheit und Fülle nicht auch ihrem göttlichen Ursprung eignen?

Besonders die Archäologie hat gezeigt, dass die Menschen im alten Israel neben Jahwe auch weibliche Gottheiten des Baalkultes verehrten, wie viele ausgegrabene Hausgottheiten beweisen. Zu Jahwe gehört nach dem religiösen Verständnis jener Zeit eine göttliche Partnerin, als Muttergottheit innig verehrt. Es ist der Prophet Hosea im 8. Jahrhundert vor Christus, der eine unerhörte Botschaft zu verkünden und zeichenhaft in seiner eigenen Ehe zu illustrieren hat. „Jetzt kommt es zu einer Revolution im Gottesbild. JHWH erwählt sich eine Partnerin, eine Geliebte – aber nicht im Himmel, sondern auf Erden – und er traut sich ihr an ‚auf ewig‘.“ Seine geliebte Ehefrau ist: Israel! Aus Liebe hat er sie erwählt und einen Bund mit ihr geschlossen. Hosea stellt die Gottesbeziehung auf eine neue Grundlage: die Liebe. Damals alles andere als selbstverständlich.

Die Konsequenz: „So wie eine verheiratete Frau von den vielen Männern, die es gibt, nur einen Mann als ihren Ehemann erwählt hat und sich zu ihm in ein besonderes, alle anderen Männer ausschließendes Verhältnis setzt, so soll auch Israel von den vielen Göttern, die es gibt, nur einen Gott, JHWH, als seinen Gott anerkennen, weil dieser Gott zuvor von den vielen Völkern nur eines erwählt und sich zu diesem in ein besonderes Verhältnis gesetzt hat.“

Die Gottesbeziehung als andere ausschließende Liebesbeziehung wird über Jeremia und das Buch Deuteronomium „zum Erkennungszeichen des Gottes Israels“. In diesem Licht erscheint Jesus als der von Gott gesandte Bräutigam. Er selber stellt sein Wirken in Gleichnissen vom Hochzeits- oder Gastmahl dar. Auf den Vorwurf, seine Jünger würden nicht fasten, antwortet er: „Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist?“ (Mk 2, 19) Jesus beginnt sein Wirken und gibt als erstes Zeichen in Kana den besseren Wein zur Hochzeitsfeier. Für Johannes den Täufer ist es Jesus „vom Himmel gegeben“, der „Bräutigam“ zu sein (3, 27-29). Im letzten Buch der Bibel kommt die Braut Jerusalem vom Himmel herab zur Hochzeit des Lammes, und selig ist, wer zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen ist. Solange die Braut aber noch ihren Weg zur Hochzeit durch die Bedrängnisse der Welt geht, ruft sie, die Kirche, sehnsuchtsvoll nach ihrem Bräutigam: „Komm!“ Und dieser antwortet: „Ja, ich komme bald!“ (Off 19 – 22) Die Ehe der Christen ist nach dem Epheserbrief die Berufung, das „tiefe Geheimnis“ des Bundes Christi mit seiner Kirche darzustellen. (5, 32) Paulus hat die Gemeinde von Korinth „einem einzigen Mann verlobt“: Christus. (2 Kor 11,2)

All das macht deutlich: Die Ehe des alttestamentlichen Gottesvolkes mit Jahwe und die Kirche als Braut des Bräutigams Jesus – das ist nicht ein Bild der Gottesbeziehung neben anderen, ja, das ist nicht nur ein Bild, es ist mehr: eine Realität.

Eine Realität, die in den Vordergrund, ins Zentrum unserer Gottesbeziehung wie unseres Kircheseins gehört. Eine Leitlinie für eine Erneuerung der Kirche aus der tiefsten Quelle. Für eine Aufwertung der Frau in Liturgie und Leitung der Kirche. Ein Ausgangspunkt für Gleichberechtigung, Partnerschaft, ja, Zärtlichkeit. Das wäre eine gefühlt andere Kirche: In ihrer Gestalt, Handlungs- und Umgangsweise. Eine Realität, die geeignet ist – nach einem der zur Zeit am häufigsten zitierten Worte von Papst Franziskus zur synodalen Kirche – „Träume aufkeimen zu lassen, Prophetien und Visionen zu wecken, Hoffnungen erblühen zu lassen, Vertrauen zu wecken, Wunden zu verbinden, Beziehungen zu knüpfen, eine Morgenröte der Hoffnung aufleben zu lassen, voneinander zu lernen und eine positive Vorstellungswelt zu schaffen, die den Verstand erleuchtet, das Herz erwärmt, neue Kraft zum Anpacken gibt“.

Der Beitrag stützt sich auf: Ludger Schwienhorst-Schönberger, Der eine Gott und die Götter, in: Christ in der Gegenwart 2021, besonders auf Seite 49-51. Dem sind auch die Zitate entnommen.

Fortsetzung Mittwoch, den 10. November


Zu den vorangegangen Texten der Reihe:

1. Suche nach genuinem apostolischen Frauenamt
2. Machtfrage blockiert Amtsfrage
3. Im Namen der Gleichberechtigung?
4. Zeichen der Zeit?
5. Verlegenheitsargument – oder … ?

 


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Die Beiträge „am Puls“ sind der Versuch ihrer jeweiligen Verfasser, auf der Basis und im Geist der PASTORAL AM PULS Stellung zu aktuellen Fragen zu nehmen. Sie beanspruchen nicht, im Namen aller Vertreter der PASTORAL AM PULS zu sprechen.

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