13. Die wahren Prophetinnen
Wir bitten darum, „dass man ein Dienstamt für die ‚Leiterin einer Gemeinde‘ einrichte und institutionell anerkenne“, so das Schlussdokument der Amazonas-Synode 2019 (Nr. 102). Link
Papst Franziskus, der dieses Schlussdokument als „offiziell“ anerkennt, nimmt dazu Stellung in seinem Nachsynodales Apostolisches Schreiben. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller hat aus dessen verschiedenen Aussagen folgende Vorstellungen entwickelt. Ich gebe ihn hier wieder (In persona Mariae, Herder Korrespondenz 5/2020):
Es geht Franziskus „um eine Entmächtigung der Priester und um eine Demokratisierung der verschiedenen Ämter mit Leitungsgewalt, die auch Frauen offenstehen.“ Franziskus wörtlich: Die Frauen sollen „Zugang zu Aufgaben und auch kirchlichen Diensten haben, die nicht die heiligen Weihen erfordern und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen. Es sei daran erinnert, dass ein solcher Dienst Dauerhaftigkeit, öffentliche Anerkennung und eine Beauftragung durch den Bischof voraussetzt. Das bedeutet auch, dass Frauen einen echten und effektiven Einfluss in der Organisation, bei den wichtigsten Entscheidungen und bei der Leitung von Gemeinschaften haben, ohne dabei jedoch ihren eigenen weiblichen Stil aufzugeben.“ (Querida Amazonia 103)
Wie aber Franziskus die Berufung der Frauen beschreibt, das hat Kritik hervorgerufen: „Der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria. Die Frauen leisten ihren Beitrag in der Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und die Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben.“ (Querida Amazonia 101) Hier wird die Rolle der Frauen relativiert, so der Vorwurf.
Vertröstung der Frauen? Schüller dagegen meint: Hier werden „Frauen ermächtigt, zärtlich und wortstark Zeuginnen des Evangeliums zu sein“. Er denkt „diesen kühnen Satz des Papstes“ weiter: Frauen sollten „in Zukunft auch die vorrangigen Erstverkünderinnen des Evangeliums sein. Sie sind die wahren Prophetinnen.“ (In persona Mariae, Herder Korrespondenz 5/2020)
Ähnlich äußert sich die Generalsekräterin der Nordischen Bischofskonferenz, Schwester Anna Mirijam Kaschner:
„Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir Frauen in der Kirche unsere Rolle einnehmen, die sich nicht über das Streben nach dem Priesteramt definiert. Frauen haben ihr eigenes Charisma, mit dem sie über Jahrhunderte hinweg die Kirche geformt, gestaltet und bereichert haben, ein Charisma, das gerade in unserer Zeit dringend gebraucht wird und das vielleicht nur außerhalb des hierarchischen Amtes Frucht bringen kann. Maria Magdalena war nicht im Abendmahlssaal dabei – aber sie ist erste Zeugin der Auferstehung, Apostolin der Apostel. Warum? Vielleicht, weil Jesus wusste, dass in den Frauen eine prophetische Gabe steckt, die durch das hierarchische Amt eingeschränkt würde?“ (Gastkommentar in domradio.de, 17.05.2019 – Link )
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Fortsetzung am 26.01.2022
Zu den vorangegangen Texten der Reihe:
1. Suche nach genuinem apostolischen Frauenamt
2. Machtfrage blockiert Amtsfrage
3. Im Namen der Gleichberechtigung?
4. Zeichen der Zeit?
5. Verlegenheitsargument – oder … ?
6. Gottes Geliebte
7. Bräutigam und Braut – eine bedenkliche Metapher?
8. Hochzeitsmahl der Lammes
9. Wo bleibt die Braut
10. Frau repräsentiert Gemeinde und Christus
11. Dem Priester ebenbürtig? – ein Versuch zur Diskussion
12. Wer besitzt “Vollmacht”?
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