Das Frauenamt kommt – welches?

11. Dem Priester ebenbürtig? – ein Versuch zur Diskussion

Es war in Taizé. In einer katholischen Eucharistiefeier. Kurz vor der Wandlung. Unerwartet setzte der Chor der Mönche ein, sie sangen um den Heiligen Geist. Als wären sie der zum Priestersolisten dazugehörige Chor. Es war bewegend.

Damals begann ich zu ahnen, was nun der zweite Höhepunkt dieser Serie sein soll (nach dem ersten in Teil 6: „Gottes Geliebte“)

„Epiklese“ nennt sich dieser Gesang. „Herabrufung“ des Heiligen Geistes. „Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus“ (so im 2. Hochgebet). Der Heilige Geist also lässt Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden? Geschieht das nicht durch den Priester, wenn er Jesu Worte spricht: Das ist mein Leib? Das ist mein Blut? So versteht es die römische Kirche. Etwas anders glaubt es die Ostkirche: Die Wandlung bewirkt der Heilige Geist, herabgerufen in der Epiklese. Doch beides gehört zusammen wie die beiden Brennpunkte einer Ellipse, wie die zwei Seiten einer Münze. Allerdings lag in der römischen Kirche die Münze immer auf derselben Seite, so dass wir die Rückseite nicht wahrnahmen. Obwohl der Heilige Geist immer an dieser Stelle angerufen wird, auch in der römischen Liturgie, manchmal allerdings kaum wahrnehmbar. Doch die Epiklese ist wesentlich.

Sie wird eröffnet (z.B. im 2. Hochgebet) mit den Worten: „Darum bitten wir dich…“ Zwar spricht der Priester diese Worte, aber in Wir-Form. Es sind seine Worte, aber als die Worte aller. Die ganze Gemeinde ruft den Heiligen Geist auf Brot und Wein herab, wenn auch eher hörend, durch den Mund des Priesters.

Das ist überraschend und von großer Bedeutung: Die Gemeinde vollzieht die Eucharistie mit der Wandlung der Gaben mit. Sie wirkt in ihrer Weise „sakramental“ mit. Nicht ohne den Priester. Aber der Priester auch nicht ohne die Gemeinde. Das ist kein Nebeneinander, sondern ein Zueinander. Das Zueinander des Priestertums des Dienstes und des gemeinsamen Priestertums. Das Ineinander des Wirkens Christi und des Heiligen Geistes. Denn Christus wird in den Gaben durch den Geist präsent. Und der Geist ist Christi Geist. Der Sohn und der Geist sind die beiden Hände des Vaters, die uns umfangen. (So Irenäus von Lyon im 2. Jahrhundert.)

Ich könnte mir vorstellen, dass in Taizé die Brüder zum Hochgebet mit der Epiklese um den Altar stünden, zusammen mit dem Priester. Und sängen: Heiliger Geist, komm über uns mit der Fülle deiner Kraft! (So die ökumenische Lima-Liturgie)

Was wir über das sakramentale Mitwirken der Gemeinde erkannt haben, das gilt nun auch für Frauen, welche die Gemeinde repräsentieren. Ich könnte mir also auch vorstellen, dass eine Frau oder einige Frauen als Repräsentantinnen der Gemeinde zu Hochgebet und Epiklese Seite an Seite mit dem Priester am Altar stünden. Der Priester in der Vollmacht Christi. Die Frauen in der Ermächtigung des Heiligen Geistes durch das gemeinsame Priestertum der Getauften. Vollmacht und Ermächtigung in Ergänzung und Wechselwirkung.

Wäre das ein Schritt zum gesuchten Frauenamt? Und dessen Verortung in der Eucharistie? Dem Priester ebenbürtig und zugleich unterschiedlich: Durch den Priester spricht Christus. Die Gemeinde mit ihrer Repräsentantin antwortet im Heiligen Geist.

Das bräuchte keine Änderung des kirchlichen Amtsverständnisses. Es bliebe unangetastet. Dem Priester würde ja nichts „genommen“. Sein Priestertum würde aber ergänzt durch das Ernstnehmen, Erlebbar- und Sichtbarwerden des gemeinsamen Priestertums. Es wäre eine Entfaltung und Vertiefung der vom Konzil angeregten „vollen und tätigen Teilnahme des ganzen Volkes“, „wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt und zu der das christliche Volk, ‚das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, der heilige Stamm, das Eigentumsvolk‘ (1 Petr 2,9; vgl. 2,4-5) kraft der Taufe berechtigt und verpflichtet ist“ und die „bei der Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie aufs stärkste zu beachten“ ist. (Konstitution über die Heilige Liturgie Nr. 14) Die Kirche würde bereichert durch das Ebenbürtigwerden der Gemeinde und ihrer Repräsentantin im Herzen und Heiligsten der Kirche, der Eucharistie.

Das bräuchte ein neues Selbstverständnis der Gemeinde als Liturgin. Die Pflege einer seelischen Verbundenheit aller, die dann durch eine oder mehrere Frauen repräsentiert werden kann, das Selbsterleben der Gemeinde als „Hochzeitsgesellschaft des Lammes“. Das braucht eine andere Wandlung: die der Gemeinde.

Auch die kann nicht ohne den Heiligen Geist geschehen. Darum gibt es eine zweite Epiklese, die nach der Wandlung. Da ruft die Gemeinde den Heiligen Geist auf sich selbst herab: „Erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus“. (3. Hochgebet)

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Fortsetzung mit vier weiteren Teilen im neuen Jahr


Zu den vorangegangen Texten der Reihe:

1. Suche nach genuinem apostolischen Frauenamt
2. Machtfrage blockiert Amtsfrage
3. Im Namen der Gleichberechtigung?
4. Zeichen der Zeit?
5. Verlegenheitsargument – oder … ?
6. Gottes Geliebte
7. Bräutigam und Braut – eine bedenkliche Metapher?
8. Hochzeitsmahl der Lammes
9. Wo bleibt die Braut
10. Frau repräsentiert Gemeinde und Christus

 


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Die Beiträge „am Puls“ sind der Versuch ihrer jeweiligen Verfasser, auf der Basis und im Geist der PASTORAL AM PULS Stellung zu aktuellen Fragen zu nehmen. Sie beanspruchen nicht, im Namen aller Vertreter der PASTORAL AM PULS zu sprechen.

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